von Stephan Gartmann

Das Rätikon ist auf der Kletterlandkarte bereits seit ca. 100 Jahren kein unbekannter Fleck mehr. An den Drusentürmen Südwand eröffneten W. Risch und H. Schmid 1920 eine der ersten Kletterrouten in dieser Region. Über die nächsten Jahrzehnte kamen über 200 Mehrseillängenrouten dazu. Die Auswahl reicht heute von kaum mehr wiederholten klassischen Routen bis hin zu extrem schweren alpinen Sportkletter-Meilensteinen von M. Scheel und B. Kammerlander wie z.B. «Amarcorde» oder «Silbergeier», um nur zwei zu nennen. Dazwischen gibt es zum Glück jede Menge wunderschöne Routen von kurz bis lang in den mittleren Graden, welche darauf warten, wiederholt zu werden.

Mein erster Kontakt mit dem Rätikon hatte ich in den frühen neunziger Jahren als Knabe. Ich entdeckte mit meiner Familie die Region im Sommer auf der Suche nach spannenden Karsthöhlen und im Winter mit den Tourenski.

Knapp zehn Jahre später interessierte mich der Fels an den Aussenseiten der Höhlen mehr und ich kletterte meine erste Mehrseillängentour im Rätikon (eine meiner ersten Mehrseillängentouren überhaupt). Auf dem Programm stand der Klassiker «Neumann-Stanek», der über gut 10 Seillängen durch die Südwest-Wand der Sulzfluh zieht. Wir waren jung, motiviert, (zu) spät gestartet und wenig erfahren, es war Spätherbst und die Ausstiegslängen waren mit Pulverschnee garniert. Das Resultat war, dass wir im letzten Tageslicht zur Route ausstiegen und im Dunkeln durch den ersten Schnee vom kommenden Winter abstiegen. Alles ging zum Glück gut und wir kamen mit einer Erfahrung mehr und grossem Hunger zurück ins Tal.

Seit diesem Erlebnis ging ich öfter und regelmässiger Klettern, insofern ist/war das Rätikon mein ganz persönlicher Meilenstein. Inzwischen durfte ich die eine oder andere Route mit Gästen oder mit Freunden im Rätikon geniessen oder «erkämpfen». Es macht mir immer wieder viel Freude ins Rätikon zu fahren, sei es mit Gästen, YOYO-Kursen, meiner Frau oder Freunden, um einen unvergesslichen Klettertag zu erleben.

PS: Thomas Götz, Marcel Schmed und Andres Lietha (alle sind Gründungsmitglieder der YOYO Kletterschule) haben im Rätikon auch Spuren hinterlassen: «Intifada», «Mangold», «Galadriel», um nur eine Auswahl zu erwähnen.