Tsaranorogebiet

Alle paar Jahre mache ich mich zu einer Kletterreise ins weit entfernte Ausland auf. Für mich gibt es nichts Spannenderes als ein unbekanntes Land in Kombination mit Klettern zu entdecken. Unser letztes Abenteuer im Jahr 2008  führte uns nach Marokko in den Hohen Atlas.  

Auch dieses Mal soll es nach Afrika gehen. Ich schlage Madagaskar als Ziel vor und mein Freund Rico ist sofort begeistert. Ein halbes Jahr vor unserer Abreise beginnen wir mit dem Organisieren.
Wir wissen, dass Madagaskar ein extrem armes Land ist, aber unser erster Eindruck von Antananarivo ist dann doch ein kleiner Kulturschock. Zu Fuss unterwegs, als einzige Weisse  kommen wir uns im Stadtgetümmel ziemlich verloren vor. Alle Leute  wollen mit uns ein «buisiness» machen und wir sind voll damit beschäftigt links und rechts Strassenhändler abzuwimmeln. Auch müssen wir gut auf unsere Wertsachen aufpassen, denn die Taschendiebe sind  ziemlich flink.
Nach zwei Tagen haben wir genug von der Stadt und unser Chauffeur holt uns wie abgemacht im Hotel ab. Parfait entpuppte sich nach einiger Zeit als interessanter und mitteilsamer Reiseführer. Er ist aber auch ein leidenschaftlicher und schneller Autofahrer. Hupend fährt er mit achtzig Sachen durch die engen, stark belebten Gassen der Dörfer. Einige Male verfehlen wir Hunde und Geflügel nur um Haaresbreite. Die Einheimischen sind sich aber an solch rücksichtslose Fahrer gewöhnt, stoisch gehen sie unserem Auto aus dem Weg.
Kurz vor Fianarantsoa überspannt Parfait den Bogen dann doch etwas. Den vielen Schlaglöchern ausweichend kommt unser Auto ins Schleudern und macht Bekanntschaft mit einem steilen Rasenabhang. Dank Vierradantrieb und viel Glück schaffen wir es trotzdem noch heil ins Tsaranorogebiet zu kommen.

Die Wände über unserem Camp sind atemberaubend und exotisch. Die gelben Flechten auf dem roten Granit leuchten unwirklich. Wir sind die einzigen Kletterer im Gebiet. Nur einige Kattas teilen unsere Leidenschaft. Die kurzen Tage verlangen ein gutes Zeitmanagement. Bereits um achtzehn Uhr ist es stockfinster. So müssen wir auf dem Tsaranoro Kelly Gipfel unter einem Überhang mit wenig Wasser und ein paar Farmerstengeln biwakieren. Als Schlafsack und Matratze benützen wir ein paar Palmwedel.  
In drei Wochen durchsteigen wir viele der bis zu 800m hohen Wände, kämpfen uns durch stachliges, mannshohes Gras oder suchen in brütender Hitze den Abstieg.

Alles ist etwas anstrengender und mühsamer als bei uns in den Alpen, aber das war es für dieses Abenteuer allemal wert. Zudem sind  die Eindrücke, welche wir auf unserer Reise neben dem Klettern gewinnen durften genauso wichtig und bereichernd.